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Verband der Antiquare Österreichs

“Tweedledum and Tweedledee” – VAO President Dieter Tausch shares his new passion with us: Twitter

Everybody is doing it. And the very few who refuse to do so, are said to be "old-fashioned". Tweets rule the world. Nowadays our perception and our means of communication are limited to 140 characters (blanks included). We make "friends" on Facebook and spread the news on Twitter. Dieter Tausch is President and chief of the tweets of the Austrian Antiquarian Booksellers' Association (VAO). Since October 2012 he shares his thoughts on the rare book trade with us via Twitter. Here is his report.
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Everybody is doing it. And the very few who refuse to do so, are said to be “old-fashioned”. Tweets rule the world. Nowadays our perception and our means of communication are limited to 140 characters (blanks included). We make “friends” on Facebook and spread the news on Twitter. Dieter Tausch is President and chief of the tweets of the Austrian Antiquarian Booksellers’ Association (VAO). Since October 2012 he shares his thoughts on the rare book trade with us via Twitter. Here is his report.

Schneetwittchen und die sieben Zweets


Dieter Tausch über seine neue Leidenschaft und warum es sich noch lange nicht ausgezwitschert hat


Es kann nicht geleugnet werden: Ich bin gedanklich völlig vertwittert, sprachlich gänzlich vertweetet – nur moralisch unverändert. Ein (vermutlich hoffnungsloser) Fall für die Hörsäle neurologischer Institute. Alles, was ich optisch oder akustisch aufnehme, wird sofort auf seine Tweetfähigkeit abgetastet. Jedwedes passiert den Hundertvierzigzeicheninklusiveleerzeichen-Raster. Dabei hatte es letzten Herbst ganz harmlos angefangen. Im Rückblick allerdings denke ich oft an eine Aufschrift an der Wand des Flugunterrichtsraumes am Innsbrucker Flughafen: „Gestern wußte ich noch nicht wie man Piloth schreibt und heute bin ich schon einen“.

Was Twitter ist, wußte auch meine Auftraggeberin und ihre Entourage nicht, und wie ein Tweet auszusehen hat, konnte mir auch niemand erklären – außer eben 140inkl.LZ. Dann schrieb ich zwei krautartige, beigegestreifte, leicht ausgefranste Tweeds und alle befanden, daß dies sehr gute Tweets wären.

Und so blieb das Tweettern an mir hängen: Ich teste zuerst die Idee an meiner Frau, Freunden, Bibliothekaren, Archivaren, Sammlern etc. Ist mehrheitlich nur das Weiße im Auge – leicht blutunterlaufen – sichtbar, verwerfe ich meist. Erkenne ich doch im unteren Bereich des oberen Lides einen Teil der Pupille, spiele ich mich im Word Office. Früher habe ich immer am Bildschirm abgezählt, aber da kommt man so leicht durcheinander und im Word ist das so eine saubere Sache: Soundso viele Worte, Zeichen, mit und ohne LZ.

Das Produkt dieser sprachlichen Basteleien (oft geht’s nur um ein Zeichen!) drucke ich mir aus und führe es einen Tag lang mit mir, es an Nüchternen und Betrunkenen austestend. Und dann mit „Sag zum Abschied leise Servus“ oder „Adieu denn“ sende ich es in die Welt – nein, eigentlich nach Wien. Es ist so, wie man eine Schüssel Milch ins Fenster stellt und sich am Morgen freut, wenn die Katze sie ausgetrunken hat. (Obwohl man ja nicht weiß, ob nicht der Ratz da war!).

In Wien befindet jemand Seriöserer, als ich es bin, über den Stand der Tweets. Früher habe ich manchmal etwas wirklich Unanständiges durchgeboxt. Das tut mir heute leid und ich habe vollstes Verständnis, wenn Ungehöriges nicht gesendet wird. Ich habe da eine Statistik über das, was Frau A. in Wien nicht ins Netz stellt: allem voran Frauenfeindliches vor Schweinereien vor allzu politisch Unkorrektem vor Gröbernichtzumutbarem. Allzuunverständliches rangiert, mir unverständlich, an letzter Stelle.

Und so kommen dann viele der auf Nimmerwiedersehen vors Fenster gestellten Tweets auf die Twitterabteilung der Homepage des Verbandes der Antiquare Österreichs und ich begrüße sie und sage: „Ciao Bella“ oder „Na, an Dich hatte ich ja gar nicht mehr gedacht“ oder „Klingt ja gar nicht so übel“. Denen, die nicht kommen, rufe ich ein fröhliches „Arrivederci im nächsten Leben“ nach und oft bemerke ich in meiner Tweetheit gar nicht, daß der eine oder andere fehlt und mit dem Wind verblasen wurde. Hauptsache, textlich wird nix verändert und ich steige auf der Follower-Leiter gemächlich in immer höhere Sphären. (Wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese manipuliert wird, um mich zu motitweedieren?!)

Eigentlich bin ich ein Twitter-Zwitter: Ich nehme keine Reaktionen entgegen und muß auf nichts reagieren, schließlich säuft der Teufel ja auch kein Weihwasser. Diskussionen finden nicht statt – jedenfalls nicht mit mir. Dies ist mir angenehm, weil ich mich ja sonst vertwittern müßte! Ich lese auch keine Tweets anderer Tweeter, nur einmal einen in der ZEIT: Der Tweet der Woche, und der hat mir nicht besonders gefallen.

So ist das also mit dem Zwitscherersansportefeuille. Freunde habe ich durch diese Krankheit keine verloren, glaube ich zumindest. Erstens hatte ich immer wenige und auch diese haben recht bemerkenswerte Attitüden. Ein Botaniker möchte sogar eine Biographie über mich schreiben, Arbeitstitel: „Der Dwieter als Selbstbefruchter“.

Nur eines ist ganz sicher: Irgendwann wird es sich für jeden von uns endgültig ausgezwitschert haben. Bis dahin pfeife ich ein Tweedchen.

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