Wiener Antiquariat
On 6 December 2012 the “Wiener Antiquariat” celebrated its 50th anniversary. The history of one of the most famous antiquarian bookshops in Vienna spans several generations. It began in Kestölz in Hungary in the 19th century. From there, Michael Nebehay (1832-1895) moved to Vienna, where he first became a restaurant owner, then mayor of Sievering, until he lost his fortune in 1873 during the World Exhibition in Vienna.
The youngest of his 16 children became an antiquarian bookseller: After his apprenticeship in Vienna Gustav Nebehay (1881-1935) went to Leipzig where he joined the well-known company C. G. Boerner and married Maria Sonntag, the sister of the book binder Carl Sonntag. During World War I they returned to Vienna, where he established his own business and became a friend of artists like Josef Hoffmann, Gustav Klimt and Egon Schiele.
Stefan Nebehay looks back to a long history of family tradition in the rare book business.
By Stefan Nebehay
Am 6. Dezember 2012 feiert das "Wiener Antiquariat" sein 50jähriges Bestehen. Seine Vorgeschichte erstreckt sich über mehrere Generationen und beginnt im 19. Jahrhundert in Kestölz, einem Ort am ungarischen Donauknie. Von hier aus machte sich mein aus einer slowakischen Bauernfamilie stammender Urgroßvater Michael Nebehay (1832-1895) nach Wien auf; er brachte es bis zum Restaurantbesitzer und Bürgermeister von Ober-Sievering, verlor dann allerdings sein Vermögen in den Spekulationen rund um die Wiener Weltausstellung von 1873.
Die Verbindung der Familie zur Welt des Antiquariats wurde durch das jüngste seiner 16 Kinder begründet: Gustav Nebehay (1881-1935) absolvierte eine Buchhandelslehre in Wien, ging dann nach Leipzig und stieg in dieser Buch-und Kunstmetropole rasch zu einem bedeutenden Antiquar und Graphikkenner auf. Er trat in die Firma C. G. Boerner ein, heiratete Maria Sonntag, eine Schwester des Leipziger Kunstbuchbinders Carl Sonntag jun., und zog mit ihr während des 1. Weltkriegs wieder nach Wien, wo er im Hotel Bristol seine eigene Kunsthandlung gründete und daneben auch noch Teilhaber am Antiquariat V. A. Heck am Kärntnerring wurde. Gustav Nebehay pflegte gute Kontakte zu zeitgenössischen Künstlern wie Josef Hoffmann, Gustav Klimt und Egon Schiele und überstand die schwierigen Nachkriegsjahre einschließlich der Inflationszeit souverän, geriet aber in seinen letzten Lebensjahren in eine geschäftliche Krise, von der er sich nicht mehr erholen sollte.
Nach seinem frühen Tod betreute sein ältester Sohn Christian M. Nebehay (1909-2003) den Familienanteil bei Heck weiter. 1945 machte er sich selbständig und gründete schließlich sein eigenes Antiquariat in der Annagasse, das bis heute besteht. Als Geschäftsführer bei Heck folgte ihm mein Vater Ingo Nebehay (1915-2000) nach, der nach seiner Lehrzeit bei Gilhofer & Ranschburg und kurzer Tätigkeit im Dorotheum sieben lange Jahre durch den Krieg verloren hatte – wie so viele seiner Generation.
1962 wurde der Nebehay'sche Geschäftsanteil aus der Firma V. A. Heck herausgenommen; nachdem eine vermögensrechtliche Lösung innerhalb der Familie gefunden war, konnte mein Vater mit einem Teil des Warenlagers von Heck als Grundstock sein eigenes Geschäft eröffnen, mit dem Zusatz "Wiener Antiquariat" neben seinem eigenen Namen. (Verwechslungen mit der Firma Christian M. Nebehay in der Annagasse gibt es dennoch bis heute.) Das nach langer Suche in der Seilergasse gefundene Lokal, ehemals der Fa. Steinwender gehörig, erwies sich durch seine zentrale und zugleich ruhige Lage im Herzen der Innenstadt als glückliche Wahl. Mit viel Fleiß und Energie gelang es meinem Vater, sich bald ein eigenes Profil und internationale Anerkennung als Antiquar zu verschaffen, nicht zuletzt durch seine intensive Beschäftigung mit Autographen. Jedes Jahr erschienen mehrere Kataloge bzw. Listen mit Verkaufsangeboten von Büchern, Graphik und Autographen – mehr als 170 sind es bis heute geworden. Sowohl die schwierigen Aufbaujahre wie auch die späteren Jahrzehnte wurden dabei wesentlich von meiner Mutter Sigrid Nebehay geb. Sauter (1922-2009) mitgetragen, die meinem Vater stets unermüdlich und unerschütterlich zur Seite stand.
Neben seinem Einsatz für das eigene Geschäft engagierte sich Ingo Nebehay in vielfältiger Weise für seinen Berufsstand – unter anderem war er von 1962 bis 1970 Vorsitzender des Verbandes der Antiquare Österreichs. Nach jahrzehntelangen Vorarbeiten gelang es ihm dann auch noch, mit Hilfe von Dr. Robert Wagner seine "Bibliographie altösterreichischer Ansichtenwerke" herauszubringen, ein allgemein anerkanntes und viel benütztes sechsbändiges Nachschlagewerk. Das Antiquariat war für meinen Vater Berufung und Leben, und noch eineinhalb Jahre vor seinem Tod stand er so gut wie täglich im Geschäft.
1962 wurde der Nebehay'sche Geschäftsanteil aus der Firma V. A. Heck herausgenommen; nachdem eine vermögensrechtliche Lösung innerhalb der Familie gefunden war, konnte mein Vater mit einem Teil des Warenlagers von Heck als Grundstock sein eigenes Geschäft eröffnen, mit dem Zusatz "Wiener Antiquariat" neben seinem eigenen Namen. (Verwechslungen mit der Firma Christian M. Nebehay in der Annagasse gibt es dennoch bis heute.) Das nach langer Suche in der Seilergasse gefundene Lokal, ehemals der Fa. Steinwender gehörig, erwies sich durch seine zentrale und zugleich ruhige Lage im Herzen der Innenstadt als glückliche Wahl. Mit viel Fleiß und Energie gelang es meinem Vater, sich bald ein eigenes Profil und internationale Anerkennung als Antiquar zu verschaffen, nicht zuletzt durch seine intensive Beschäftigung mit Autographen. Jedes Jahr erschienen mehrere Kataloge bzw. Listen mit Verkaufsangeboten von Büchern, Graphik und Autographen – mehr als 170 sind es bis heute geworden. Sowohl die schwierigen Aufbaujahre wie auch die späteren Jahrzehnte wurden dabei wesentlich von meiner Mutter Sigrid Nebehay geb. Sauter (1922-2009) mitgetragen, die meinem Vater stets unermüdlich und unerschütterlich zur Seite stand.
Bereits 1976 war die Firma in eine GesmbH umgewandelt worden, was die Übergabe der Agenden an die nächste Generation erleichterte. Seit 1999 bemühe nunmehr ich mich, von der Archäologie her schrittweise in jüngere Perioden vorgestoßen, als geschäftsführender Gesellschafter das Schiffchen weiterzulenken und habe dabei manches umstrukturiert und den Zeitverhältnissen angepasst. Die Bewertungen vieler im Antiquariat gehandelter Objekte haben sich in den letzten Jahren aufgrund geänderter Nachfrage- und Angebotsverhältnisse deutlich verschoben; das Internet hat den Markt transparent gemacht und neue Absatz- und Informationsmöglichkeiten eröffnet – Herausforderungen, die man ernst nehmen und auf die man reagieren muss. Unverändert geblieben sind die Geschäftsprinzipien der Firma: Seriosität, Qualität und persönliche Kundenbetreuung.
Und im wesentlichen unverändert geblieben ist die schon etwas in die Jahre gekommene Einrichtung des Geschäfts, die von den meisten unserer Kunden als liebenswert-altmodisch durchaus geschätzt wird. Sie diente übrigens heuer als Kulisse für die in Wien spielende 2. Episode des Internet-Films "Move On" (https://move-on-film.com); Karl Merkatz übernahm dabei die Rolle des Antiquars.
In einer Zeit, in der das Antiquariat zusehends zu einer aussterbenden Spezies zu werden scheint (zuletzt haben auch drei kleinere Geschäfte in der Seilergasse, mit denen wir freundschaftlich verbunden waren, innerhalb kurzer Zeit ihre Pforten geschlossen) werden wir uns weiterhin bemühen, dieses Stück Kultur am Leben zu erhalten. Wir danken unseren Mitarbeitern der vergangenen fünf Jahrzehnte, den Kollegen und Freunden, die uns immer wieder mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind, und natürlich allen unseren treuen Kunden, die wir so wie bisher bestmöglich beraten und bedienen möchten.